Geobotanische Anlagen
Viele Pflanzen sind an bestimmte Wasser-, Boden- und Temperaturbedingungen gebunden. Die Geobotanik erforscht diese, als auch menschliche Einflüsse auf die Pflanzen und die daraus resultierenden Vergesellschaftungen.
Unser Buchenwald befindet sich südlich des Alpinums. Unter ihr zusagenden Bedingungen kann die Rot-Buche (Fagus sylvatica) die meisten anderen Gehölze auskonkurrieren und ohne Einfluss des Menschen würden Rot-Buchenwälder die Landschaften Mitteleuropas dominieren. Die Artenzusammensetzung der Krautschicht dieser Wälder wird durch Bodenfaktoren beeinflusst, die zu verschiedenen Waldtypen führen: Auf sauren, nährstoffarmen Böden sind die Bestände artenarm; nähstoffreichere Silikat- oder gar Kalkböden führen zu größerer Vielfalt. Typische Pflanzen der Krautschicht sind das Busch-Windröschen (Anemone nemorosa) und der Waldmeister (Galium odoratum), der für den typischen Geschmack der Maibowle sorgt. Diese und andere krautige Pflanzen sind Frühblüher und nutzen die kurze, lichtreichere Zeit vor dem Laubaustrieb der Bäume zur Produktion von Samen und deren Ausbreitung. Wenn sie dann beschattet werden, sterben ihre oberirdischen Teile ab und eine Überdauerung erfolgt mithilfe von unterirdischen Speicherorganen wie Wurzeln oder Knollen.
Unseren weiteren Geobotanischen Anlagen thematisieren baumlose Pflanzengesellschaften, von denen einige auf menschliche Aktivitäten zurückgehen, wie die Unkrautgesellschaften im Weinberg, der in der Nachbarschaft des Buchenwalds zu finden ist. Die Weinberg-Anlage gliedert sich in zwei Bereiche: Im »historischen« Teil finden sich Unkräuter wie die Wilde Tulpe (Tulipa sylvestris) oder die Weinbergs-Traubenhyazinthe (Muscari neglectum) – Pflanzen mit unterirdischen Überdauerungsorganen (Geophyten) – die gut an die traditionelle Hackkultur angepasst sind. Im anderen Teil dominieren ein- und zweijährige Unkräuter, die modernen Bodenbearbeitungsmethoden und Herbiziden standhalten.
Auch die benachbarte Heide – hier im Sinne von Beständen, die reich an Heidekrautgewächsen sind, wie sie typisch in Nordwesteuropa, wie etwa in der Lüneburger Heide – vorkommen, repräsentiert menschliche Einflussnahme: Diese Heiden sind Kulturlandschaften, die durch Waldweide, Brand und Rodung aus Laubwäldern entstanden sind. Die dominierende Art dieser Ersatzgesellschaften ist die Besenheide (Calluna vulgaris). Ihre Streu zersetzt sich nur langsam und führt zu starker Bodenversauerung sowie Auswaschung des Bodens, auf dem dann nur wenige andere Pflanzenarten gedeihen können.
Die angrenzende Binnendüne zeigt Pflanzen aus Sandtrockenrasen, die in Baden-Württemberg und ganz Deutschland stark gefährdet sind. Solche Dünen sind eine Besonderheit der nördlichen Oberrheinebene und gehen auf kalkhaltige Flugsande zurück, die am Ende der letzten Eiszeit aus der Niederterrasse des Rheins verweht wurden. Die nacheiszeitliche Wiederbewaldung führte zu einer Befestigung dieser Wanderdünen. In historischer Zeit wurden diese Bereiche gerodet, für die Landwirtschaft genutzt und anschließend wieder aufgeforstet. Einige offene Stellen beherbergen aber immer noch typische Sandrasen mit dem charakteristischen Blaugrünem Schillergras (Koeleria glauca), welches auch in unser Binnendünen-Anlage zu sehen ist.
Das nahegelegene Hochmoor ist natürlicherweise (nahezu) baumlos. Mächtige Torfschichten führen dazu, dass Wasser und Ionen hier nur aus Niederschlägen und Staub zur Verfügung stehen. Dominant sind Torfmoosarten (Sphagnum), die ihr Milieu stark ansäuern – Bedingungen, die nur wenige höhere Pflanzen, wie die Glocken-Heide (Erica tetralix) oder Sonnentauarten (Drosera) tolerieren können. Die letztgenannten nehmen Stickstoffverbindungen via Karnivorie auf. Die ehemals moorreichsten Gebiete Deutschlands befanden sich in Niedersachsen, die allerdings weitestgehend für eine landwirtschaftliche Nutzung und Torfabbau trockengelegt wurden. Auf beiden Seiten des Hochmoorbeckens finden Sie ausgewählte Gehölze aus der »Nachbarschaft« von Hochmooren (Moorwälder, Weidengebüsche) .
Unsere »showy« Prärie im Bereich des Haupteingangs des Gartens ist eher keine Geobotanische Anlage im engeren Sinne: Nordamerikanische Graslandgesellschaften dienten zwar als Inspiration, aber es befinden sich dort auch Nicht-Präriearten und insbesondere auch attraktive oder robuste gezüchtete Sorten von Präriepflanzen. Das Sortiment basiert auf Untersuchungen des nahegelegenen Sichtungsgartens Hermannshof mit dem Ziel einer ästhetisch ansprechenden und gleichzeitig »stresstoleranten« Pflanzenauswahl, um Düngung und Bewässerung in Zeiten von Klimawandel zu vermeiden. Unsere Prärie ist somit auch ein spannendes gärtnerisches Experiment für uns.
Das Alpinum hatte für eine lange Zeit eine ungewisse Zukunft; ein geplanter Straßenbahnbau hätte diesen Teil des Gartens stark beeinflusst. Daher wurden hier konzeptionelle sowie gärtnerische Anstrengungen (nahezu) pausiert und bis zu einem gewissen Grad durften einige Bereiche auch – in nicht uncharmanterweise – etwas verwildern. Nun jedoch, im Zusammenhang mit der anstehenden Generalsanierung des Gartens wird das Alpinum komplett überarbeitet und erneut mit klaren geobotanischen Konzepten neugestaltet. [Photo: Mooranlage]